Eine Pressemitteilung der BINT
Die BINT fordert Blutmonitoring für alle PFOA-belasteten Bürger
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) plant ab Pfingsten das erneute PFOA-Blutmonitoring durchzuführen. Der Kreis soll demnach auf diejenigen Personen, die bereits im März 2018 am HBM teilgenommen haben, begrenzt werden. Die BINT dagegen fordert das Blutmonitoring für alle betroffenen Bürger des Landkreises. Folgende Argumente führen wir dazu auf:
Der Landkreis Altötting ist ein Hotspot für die PFOA- Belastung der Bevölkerung. Deshalb können hier die möglichen Veränderungen der PFOA-Gehalte im Blutplasma der Probanden wissenschaftlich eingeordnet werden. Dazu braucht es eine möglichst große Anzahl von Teilnehmern. Zudem ist man es allen Bürgern schuldig, ihre persönlichen PFOA-Werte und Veränderungen feststellen zu lassen. Erst damit nehmen die Gesundheitsbehörden ihre Pflicht wahr, die Menschen über gesundheitliche Risiken aufzuklären.
Erst seit März 2020 liegt für PFOA der HBM II – Wert von 10 μg/L Blutplasma (5 μg/L Blutplasma bei Frauen im gebärfähigen Alter) vor. Dieser Wert bildet seitdem die wissenschaftlich begründete Schwelle zu einer möglichen Gesundheitsgefährdung! Die Betroffenen konnten also vor diesem Zeitpunkt die Gefahr überhaupt nicht richtig einschätzen und hatten sich deshalb teilweise nicht zum Blutmonitoring im Februar 2018 angemeldet. Wir wollen, daß die Untersuchungen aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse durchgeführt werden! Diese geringen Konzentrationen, bei denen eine gesundheitliche Gefährdung nicht mehr auszuschließen ist, zeigen, dass nicht nur den bereits 2018 untersuchten Personen das Recht auf ein Monitoring eingeräumt werden sollte, sondern auch weiteren Gruppen. Lag doch der Durchschnittwert, des Blutmonitorings 2018 bei 24 μg/L Blutplasma! Und erst eine große Anzahl von Untersuchungen schafft die Voraussetzung für belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse.
Laut Stellungnahme der nationalen Stillkommission vom 28.01.2021 sind gegenwärtig ca. 20 % der Frauen in Deutschland so hoch exponiert, dass lange gestillte Kinder den von der EFSA (europäische Lebensmittelbehörde) abgeleiteten kritischen Summenwert von vier ausgewählten per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) im Blut erreichen können. Es ist davon auszugehen, dass im Landkreis Altötting als Hotspot der Prozentsatz der betroffenen Frauen sehr viel höher ist. Damit gestillte Kinder im Alter von einem Jahr nicht den PFAS-Summenwert von 17,5 μg/L Blutplasma überschreiten, soll der mütterliche PFAS-Summenwert nicht größer sein als 6,9 μg/L Blutplasma. Alle potentiell belasteten Frauen müssen deshalb über ihre individuellen Werte informiert sein, damit sie eine fundierte Stillenentscheidung treffen können. Vielfach vorhandene Unsicherheiten können dadurch ausgeräumt werden.
Ein weiterer wichtiger Parameter bei der Einordnung der hohen Belastungen ist neben dem HBM II – Wert, der TWI – Wert (max. tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge pro kg Körpergewicht).
Eine erste wesentliche Verschärfung des TWI-Wertes für PFOA erfolgte Ende 2018 aufgrund von Erkenntnissen aus epidemiologischen Untersuchungen, wonach PFOA den Cholesterinstoffwechsel negativ beeinflusst und damit die Gefahr von Herz-/Kreislauferkrankungen signifikant erhöht. Das muss aus Sicht der BINT auch ein wesentlicher Aspekt sein, der bei der Blutuntersuchung zu betrachten ist. Deshalb fordern wir auch die Messung der Cholesterinwerte im kommenden Blutmonitoring.
Eine erneute Verschärfung des TWI-Wertes und diesmal als Summenwert von PFOA, PFOS und zwei weiteren perfluorierten Stoffen erfolgte im September 2020. Der Hauptgrund leitet sich von Untersuchungen ab, die eine verringerte Immunantwort bei Impfungen erwarten lassen. Dies wurde ja bereits in Bezug auf die Corona-Impfungen in der Öffentlichkeit diskutiert und soll auch richtigerweise im Monitoring mitbetrachtet werden.
Eine weiterer Grund für das Blutmonitoring für alle potentiell belasteten Bürger besteht aus Sicht der BINT darin, dass aufgrund des niedrigen TWI-Wertes von 4,4 ng/kg Körpergewicht ( entspricht bildlich betrachtet 4-5 Weizenkörner auf 50 Tonnen Weizen) alle in den Vorjahren durchgeführten Lebensmitteluntersuchungen zu ungenau waren, um damit eine relevante Aufnahme über Lebensmittel ausschließen zu können. Die BINT fordert daher erneute Lebensmitteluntersuchungen mit verbesserten Meßmethoden. Relevant ist das überall dort, wo auf kontaminierten Böden Nahrungsmittel produziert werden.
Vor allem muß der viel zu hohe bundesweiten Leitwert für PFAS im Trinkwasser von bisher 100 ng/l deutlich gesenkt werden, damit er dem TWI-Wert gerecht wird !