Humanblutmonitoring zu PFOA – Ergebnisse sind veröffentlicht – Infoveranstaltung in Burgkirchen

Die Studie findet sich hier zum Download

Gerade kommen wir aus Burgkirchen von der Infoveranstaltung zum Blutmonitoring von Prof. Dr. Fromme, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und Leiter der Humanbiomonitoringstudie, Dr. Schuhbeck vom Gesundheitsamt Altötting, Umweltsamtsleiter Dr. Rober Müller und Dr. Beck, im Landratsamt Altötting zuständig für Veterinärmedizin und Lebensmittelsicherheit. Sie bildeten auf dem Podium die Experten zum Thema PFOA und PFOS im Trinkwasser.

Auf der anderen Seiten füllten die betroffenen Bürgern den gesamten großen Saal im Bürgerzentrum in Burgkirchen. Der Inhalt des Vortrags war von der Kreistagssitzung am Freitag über die Presse bereits bekannt.

Aber im Gegensatz zum Kreistag machten die betroffenen Bürger in dieser Versammlung Druck. Nicht nur emotinal, sondern mit kritischen fachlichen Argumenten wurde die Aussage des Studienleiters des LGL hinterfragt.

Die Konfrontation der Bürger mit dem Begriff „Rohwasser“ führte beispielsweise zu der Frage inzwieweit man seinen Garten noch damit gießen kann, und ob das Gemüse und die Früchte weiter bedenkenlos eßbar sind.
Das „Rohwasser“, das heute hochbelastet ist, ist jedoch mit der Produktion von PFOA von den 50-iger bis 80-iger Jahren kontaminiert.

Die erhöhten Produktion von PFOA in späteren Jahren wird das Wasser auch erst in den kommenden Jahren erreichen und so bleibt uns die Frage, was wir aus unseren Gärten essen können noch sehr lange begleiten.
Tiefenwasser, daß verantwortlich betrachtet, den nachfolgenden Generationen gehört, ist da auf Dauer sicher auch keine Lösung.

Dr. Beck warnte vor allem davor Innereien von Wild zu essen. Fische seien, bis auf den Aal, nun kaum mehr belastet. Für Lebensmittel gibt es jedoch keinen Grenzwert.

Ergebnisse zu Böden und Pflanzen im September erwartet

Ende September sollen die Ergebnisse einer Detailuntersuchung zum Thema Boden – Pflanzen – Mensch fertig sein.

Sicher hatte bisher noch kaum jemand der anwesenden Bürger von der Studie aus Little Hocking (Ohio) gehört, in der die Betroffenen mit einem Durchschnittswert von 28 Mikrogramm PFOA pro Liter Blut – der mit den gefunden Werten im Landkreis Altötting vergleichbar ist – und die an ca. 70 000 Personen durchgeführt wurde.
Sie bekamen Schadensersatz, und der Anwalt, Robert Billot den alternativen Friedensnobelpreis.
http://www.sueddeutsche.de/politik/alternativer-nobelpreis-dieser-mann-ist-erin-brockovitch-1.3681979

Ganz allgemein waren die Ergebnisse der aktuellen Studie des LGL sehr verwirrend. Zum einen soll der Wert von PFOA im Trinkwasser mit 0,1 µg/l (Mikrogramm pro Liter) Trinkwasser dauerhaft unterschritten werden. Das gilt auch für die Werte im Blut mit 2 µg/l (Mikrogramm pro Liter), der bis dahin als HBM 1 -Wert bezeichnet wird. Einen HBM 2 Wert, ab dem Krankheiten entstehen können gibt es  nicht.

Gefährdungen jedoch schon. Sie reichen von immunologischen Parametern bis zu Cholesterinanstieg.
Für Schilddrüsenhormone, Schilddrüsenerkrankungen und Colitis Ulcerose gibt es einen Zusammenhang mit zwei Fragezeichen….

PFOA und vor allem auch PFOS wurden als besonders bedenkliche Stoffe in der Studie aufgeführt.

Auf Nachfrage von Bürgern stellte sich heraus, daß der Wert für PFOS in den ausgesandten Werten an die Teilnehmer der Studie gar nicht ausgegeben wurde, obwohl er in der Gesamtwertung erfasst ist.

Einige Bürger stellten sich bei Ihrer Fragestellung gleich mit Ihrem Namen, dem Wohnort und Ihrem PFOA-Wert vor.

Immer wieder betonte Dr. Fromme bei seinen Antworten, daß das Wasser für einen Rückgang der PFOA-Werte der Bevölkerung nicht weiter belastet sein darf, und daß der Faktor zwischen dem Wert im Wasser und im Blut ca. einen Faktor 100 darstellt.

Dr. Käsbauer rechnete als Kinderarzt vor, wie stark gestillte Kinder belastet sind. Ausgehend von den PFOA-Blutwerten der Kinder und dem Alter ergäbe sich so rückwärts gerechnet der Wert für Säuglinge und Kleinkinder unter 7 Jahren, die bisher noch nicht untersucht worden sind. Dr. Fromme bestätigte diese Aussage, wies jedoch darauf hin, daß die Kinder trotzdem gestillt werden sollen.

Wenn der menschliche Organismus in ca. 3 Jahren das PFOA zur Hälfte wieder abbaut, wo kommt denn dann das PFOA hin? Das fragte ein Teilnehmer, worüber sich Professor Fromme freute, weil es eine einfache Frage ist. PFOA wird über die Nieren ausgeschieden, lautete seine Antwort.
Darauf ergab sich gleich die nächste Frage: Wieviel PFOA ist denn dann in den Kläranlagen zu finden? Bekommt man es dort überhaupt raus oder landet es dann wieder über das geklärte Wasser, aus dem man PFOA nicht heraus bekommt, im menschlichen Organismus?
Ist das eine nie endende Geschichte?

Ganz zum Schluß, so gegen 23.30 kamen noch Fragen zur Filterung bei eigenen Brunnen. Dr. Schuhbeck geht von 400-500 privaten Brunnen im Landkreis aus. Seine Kollegen von mehr.
Private Aktivkohlefilterung im eigenen Haushalt ist möglich, aber auch wegen der Keime schwierig, stellte er auf Nachfrage dar.

Gibt es eine Liste über all die Stoffe, die aktuell in die Umwelt von der chemischen Industrie abgegeben werden und behördlich genehmigt sind, wollte ein Teilnehmer wissen. Vom Podium kam die Antwort, daß die gläserne Behörden all diese Informationen natürlich gerne an interessierte Bürger weitergeben.
Daraus ergibt sich sicherlich die ein oder andere interessante Anfrage.

Neben den Podiumsteilnehmern waren auch Bürgermeister und Landtagsabgeordnete vertreten. Bürgermeister Johann Kriechenbauer aus Burgkirchen erläuterte die Probleme, die aktuell die Wasserversorger im Landkreis haben. Wenn sie PFOA vermindern können, dann steigt Nitrat in hoher Konzentration durch die Mischung von verschiedenen Brunnen an.

Über die Frage warum ausgerechnet in Emmerting die Werte so hoch sind wurde spekuliert.
Besucher fragten nach: Liegt es am Südwestwind, der erhöhte Belastungen auch über die Luft gebracht hat? Liegt es an der vom Einleitungsort Bruck in Richtung Emmerting fließenden Alz, die bis dahin enorm belastet war?

Emmerting wurde bei Wassermangel mit einer Direktleitung vom Brunnen 3 im Kastler Forst über Monate bzw. Jahre mit Wasser versorgt, das mehr als 0,35 PFOA enthalten hat.

In der Diskussion wurde mehrmals auf den Besuch der BINT im bayrischen Landtag eingegangen, bei dem sich Vetreter der BINT dem bayrischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Dr. Marcel Huber, und Staatsministerin für Gesundheit und Pflege Melanie Huml zur Beantwortung diverser Fragen zum Thema PFOA trafen, die sie bereits im Mai übergeben hatten. Viele dieser Fragen sind noch unbeantwortet.

Schön war es zu erleben, dass es hier im Landkreis Leute gibt, die durch ihr Fachwissen die euphemistischen Aussagen entkräften können. Herzlichen Dank an Dr. Holger Lundt und Dr. Ludwig Käsbauer für ihre Zivilcourage.

Es bleibt auch nach stundenlangen Diskussionen die Frage zurück, warum wir nicht alle besser geschützt wurden, und warum uns niemand frühzeitig vor der Benutzung des Trinkwassers gewarnt hat. Auch durch baden und  duschen mit belastetem Leitungswasser, oder schwimmen in der Alz wurde der Stoff über die Haut aufgenommen.

Helfen soll jetzt nur die komplette Entfernung der Eintragsquelle, die über gefiltertes Wasser und Versorgung aus anderen Quellen möglich scheint.

Wie wir uns gegen den Kontakt mit kontaminiertem „Rohwasser“ schützen können, dessen Werte in den kommenden Jahren noch weiter ansteigen werden oder den Kontakt zu belastete Böden vermeiden können, bleibt weiter völlig unklar.

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