(Bericht Alt-Neuöttinger Anzeiger vom 18.06.2022)

Altötting.  Am Montag startet vier Jahre nach der ersten Testreihe das zweite Human-Biomonitoring (HBM). Die Blutentnahmen werden im Zeitraum von 20. Juni bis 15. Juli im Impfzentrum in Neuötting durchgeführt. Ziel ist es, zu prüfen, wie sich die PFOA-Belastung im Blut der Bevölkerung nach den umfassenden Maßnahmen zur Trinkwasseraufbereitung entwickelt haben.

„Es wird erwartet, dass die PFOA-Werte im Blut der Bewohner des Landkreises Altötting nach Ablauf einer Halbwertszeit von ca. drei bis vier Jahren entsprechend zurückgegangen sind“, teilte Aleksander Szumilas, Pressesprecher des Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) auf Nachfrage des Anzeigers mit. Infolge des Einbaus von Aktivkohlefiltern sei der einzig relevante Aufnahmepfad für PFOA – das belastete Trinkwasser – erfolgreich geschlossen.

Dazu erklärt Szumilas: „Alle im Landkreis Altötting gemessenen Trinkwasserwerte liegen seit Mai 2018 deutlich unter dem seit 2019 vom Umweltbundesamt empfohlenen Maßnahmenwert von 0,05 Mikrogramm pro Liter für besonders empfindliche Bevölkerungsgruppen, wie Schwangere, Säuglinge und Kleinkinder.“ In den meisten Fällen sei der PFOA-Gehalt im Trinkwasser sogar unter der Bestimmungsgrenze von 0,004 Mikrogramm pro Liter. „Damit ist die Aufnahme von PFOA über die bisher wichtigste Quelle, das Trinkwasser, im Landkreis Altötting seit längerem nicht mehr relevant“, fügt LGL-Sprecher Szumilas hinzu.

Am zweiten Blutmonitoring teilnehmen können nur Personen, die sich bereits bei der ersten Testreihe im Frühjahr 2018 Blut abnehmen haben lassen. Bürgerinnen und Bürger aus zehn Städten und Gemeinden im Landkreis waren 2018 aufgerufen worden, sich für die Untersuchung auf PFOA, den Ersatzstoff ADONA sowie weitere perfluorierte Substanzen (PFTs) anzumelden. Laut Landratsamtssprecher Robert Müller sind vor vier Jahren 965 Personen dem Aufruf gefolgt. Unter den fast 1000 Studienteilnehmern waren auch 47 Babys und Kleinkindern.

Der gesamte Teilnehmerkreis wurde in Vorbereitung auf die zweite Testreihe vom Gesundheitsamt schriftlich dazu eingeladen, auch an der Folgeuntersuchung teilzunehmen. Diejenigen, die sich nicht zurückgemeldet hatten, erhielten zudem im Laufe der letzten Woche eine Erinnerung. Bis 4. Juli wurden bislang von 677 Personen Termine vereinbart – davon 33 Termine für Kinder. „Vor der Blutentnahme müssen die Bürger nichts Spezielles beachten und können ganz normal essen und trinken und gegebenenfalls notwendige Medikamente wie gewohnt einnehmen“, sagt Sprecher Müller.

Relevant für die gesundheitliche Bewertung von PFOA im Blut des Menschen ist der sogenannte HBM-II-Wert. Dieser umfasst die Konzentration eines Stoffes in einem Körpermedium wie Blut, bei dessen Überschreitung eine gesundheitliche Beeinträchtigung möglich ist, aber nicht auftreten muss, erklärt wiederum LGL-Sprecher Aleksander Szumilas. Die 2020 vom Umweltbundesamt (UBA) veröffentlichten Beurteilungswerte für PFOA betragen zehn Nanogramm pro Milliliter Blutplasma für die Allgemeinbevölkerung. Für Frauen im gebärfähigen Alter wurde ein niedriger Beurteilungswert von fünf Nanogramm pro Milliliter Blutplasma festgelegt, „um den (tierexperimentellen) Hinweisen auf entwicklungstoxische Effekte sowie human-epidemiologische Assoziationen zwischen PFOA im Blut und verminderter Fertilität, sowie Hinweisen auf eine erhöhte Inzidenz von Schwangerschafts-Diabetes und Gestose Rechnung zu tragen“, erläutert Szumilas.

Wenn die Blutentnahmen abgeschlossen sind, startet die Analytik der Proben auf verschiede Stoffe wie PFOA und ADONA. Zudem werden auch weitere „immunologische Parameter“ wie Antikörper, die im Zusammenhang mit früheren Impfungen – insbesondere gegen Covid-19 – stehen, erfasst. Dadurch erhoffen sich die Wissenschaftler des Universitätsklinikum Erlangen, Hinweise auf einen möglichen Einfluss der PFOA-Belastung auf die Impfantwort zu erhalten. „Die Analysen und die wissenschaftliche Auswertung werden einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Untersuchungsstellen sind bestrebt, die Ergebnisse so rasch wie möglich vorzulegen“, gibt LGL-Sprecher Szumilas in Aussicht.

Im letzten Schritt werden die Studienteilnehmer vom Gesundheitsamt Altötting schriftlich über die Ergebnisse informiert. Die gesamte Untersuchung, welche die Analyse des Fragebogens sowie die statistische Auswertung des PFOA-Gehalts und die Zusammenhänge der Impfantikörper umfasst, wird im Anschluss mit dem externen wissenschaftlichen Beirat diskutiert, vom LGL zu einem Bericht zusammengefasst und veröffentlicht.− lkb

In einem Leserbrief nimmt der Vorsitzende der BINT e.V. zu diesem Bericht wie folgt Stellung:
Als Betroffene der Vergiftung unseres Blutes durch PFOA haben wir uns über diesen Bericht der PNP-ANA vom 18.Juni gewundert. Weiterhin verharmlosen die Behörden dieses Problem.
Bevor die Untersuchungen überhaupt begonnen haben, wird ausführlich ein die Bevölkerung beruhigendes Ergebnis herbeigeredet. Uns stellt sich die Frage: Nimmt das LGL die eigenen wissenschaftlichen Untersuchungen selbst nicht ernst? Seriös geht anders. 
Von der freien Presse erwarten wir uns mehr kritischen Abstand zu den Behörden, die sich als Erfüllungsgehilfen der chemischen Industrie andienen.
Frank Bremauer   BINT e.V. 

 

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