Von Johannes Geigenberger, ANA
Weiding. Die im Juli beantragte Insolvenz von InnFood aus dem Pollinger Ortsteil Weiding (Lkr. Mühldorf) hat nun erste konkrete Auswirkungen: Der Lebensmittelhersteller – bekannt unter anderem für Bio-Babynahrung in Eigenmarken – reduziert seine Belegschaft um etwa ein Drittel auf künftig 160. Das teilt InnFood in einer Presseaussendung mit. Gerettet ist die Firma allerdings noch nicht: Stattdessen sei das Unternehmen – einst hervorgegangen aus dem Weidinger Nestlé-Werk – weiterhin auf der Suche nach einem Investor. „Wir führen zahlreiche vielversprechende Gespräche
mit Interessenten“, gibt sich Inhaber und Geschäftsführer Horst Jostock aber zuversichtlich, zumal Kunden und Partner von den Produkten des Nahrungsmittelherstellers weiter überzeugt seien.
Von Kennern der Lebensmittelbranche hört man allerdings, dass gerade diese Partnerschaft mit dem Handel zuletzt immer tiefere Risse bekam und gerade Discounter – für sie produziert InnFood primär− ihre Machtposition so weit strapazieren, dass den Herstellern kaum noch Luft bleibt. Darauf weist Manuel Halbmeier, Regionalgesellschafter der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hin. Er begleitete von Gewerkschaftsseite die Verhandlungen zum Stellenabbau und kann den InnFood-Chefs keinen Vorwurf machen: Vielmehr seien auch sie selbst Getriebene, die unter Druck stehen, den Preisvorstellungen des Handels zu entsprechen.
Ein Konflikt, der zuletzt immer offener ausgetragen wurde – besonders bei Edeka, für die InnFood ebenfalls produziert: So hat der Handelsriese bereits Anfang des Jahres Marken des Lebensmittelgiganten Mars aus dem Sortiment geworfen, weil er die vom Konzern geforderten Preiserhöhungen nicht mitgehen wollte – und zwar im Sinne des Verbrauchers, wie Edeka betonte.
Gewerkschafter: „Kleine Produzenten unter Druck“
Dass eine solche Ansage des Handels tatsächlich auch Kunden zu Gute kommen kann, bestreitet auch Gewerkschafter Halbmeier nicht. „Nicht jede Preiserhöhung, die ein Hersteller vorgibt, ist auch gerechtfertigt.“ Im Falle von InnFood und anderen kleineren Produzenten hat Halbmeier aber zunehmend das Gefühl, dass deren Lage regelrecht ausgenutzt werde. „Gehen sie auf die Forderungen des Handels nicht ein, droht ihnen, auf ihren Erzeugnissen sitzen zu bleiben.“
Bei InnFood kommt erschwerend hinzu: Die Weidinger stellen lediglich Nahrungsmittel aus Biolebensmitteln her; das heißt, dass sie einerseits in einem Umfeld mit hohen Erzeugerpreisen konkurrieren, während gleichzeitig die Nachfrage nach Biolebensmitteln eingebrochen ist. Schon jetzt seien deshalb Maschinen und Personal zu kaum 50 Prozent ausgelastet, erfährt unsere Zeitung.
Wie aus dieser Zwickmühle entkommen? InnFood bleibt offenbar nur, sich zu verschlanken und noch effizienter zu werden. Im Manager-Sprech heißt das: „Um die wirtschaftliche Zukunft des Unternehmens zu sichern, müssen wir einen strukturellen und personellen Umbau vornehmen“, so die Formulierung in der Pressemitteilung, verbunden mit der Beteuerung, dass dieser Personalabbau in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat vorgenommen wurde. Von dessen Seite heißt es: „Wir haben aktiv mit der Geschäftsführung an einer Lösung gearbeitet, um etwa 160 Mitarbeitern eine berufliche Zukunft bei InnFood zu ermöglichen“, so der Betriebsratsvorsitzende Johann Mitterer.
Auch Halbmeier ist von Gewerkschaftsseite weiter regelmäßig in Weiding – so wird es gleich nächste Woche einen weiteren Termin mit den gekündigten Mitarbeitern geben, für die ein Sozialplan aufgestellt wurde. Wie es für die restlichen Mitarbeiter weitergeht, hängt nun an der Frage, ob und wann ein Investor gefunden wird – bis dahin läuft das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung weiter.
Weiter laufen auch die Pläne, die das Unternehmen verfolgt, um breiter aufgestellt zu sein: Denn um nicht mehr ausschließlich von der schwieriger werdenden Lebensmittelproduktion abhängig zu sein, entschied das Unternehmen bereits vor rund zwei Jahren, in die Mineralwasserabfüllung einzusteigen.
Wasserabfüllung als rettender Strohhalm?
Die Idee: Die genehmigte Entnahmemenge der betriebseigenen Brunnen werde ohnehin nicht voll ausgeschöpft – da liege es nahe , dieses Wasser in Flaschen abzufüllen und zu verkaufen. Dazu gründete InnFood eigens eine Tochter-GmbH mit Roxane, einem französisch-saarländischen Mineralwasser-Riesen, und beantragte die entsprechenden Genehmigungen beim Landratsamt Mühldorf. Auf diese wartet das Tochter-Unternehmen – das nicht von der Insolvenz der Mutter betroffen ist – weiterhin. Machen die Behörden den Weg frei, würde das neue Chancen für den Standort bedeuten, argumentiert InnFood. Es wäre attraktiv, wieder zu investieren und 50 neue Arbeitsplätze könnten entstehen – fast genauso viele, wie nun wegfallen.
Für Kritiker hingegen ist eine Mineralwasserabfüllung am Standort angesichts von immer heißeren, niederschlagsärmeren Sommern ein No-Go – schließlich handle es sich um Tiefenwasser, das angezapft würde. Dieses sei eine „eiserne Reserve“, so die Bürgerinitiative BINT, die überwiegend aus dem Landkreis Altötting kommt. Da sich das Weidinger Werk nur wenige hundert Meter von der Landkreisgrenze befindet, befürchtet sie Auswirkungen im Falle einer Genehmigung auch für den Altöttinger Raum – etwa fallende Grundwasserspiegel.